Page 8 - ProHof Januar 2021
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Januar 2021
Serie
Hofer Wärschtlamänner: Marcus Traub
Die Hofer Wärschtlamänner
feiern heuer 150. Jubiläum:
Seit dem Jahr 1871 sind sie
in Hof unterwegs und ver-
kaufen ihre Wienerla, Kna-
cker oder Bauern. Viel hat
sich in den 150 Jahren geän-
dert, aber das Erscheinungs-
bild der Wärschtlamänner
mit ihrem typischen Mes-
singkessel und dem großen
Korb für die Brötchen ist im-
mer gleich geblieben. Aus
Anlass des Jubiläums stellen
wir alle sechs derzeit in Hof
aktiven Wärschtlamänner in
einer Serie vor. Los geht es
mit Marcus Traub.
Der 52-jährige gebürtige Hofer Mar-
cus Traub ist seit genau 16 Jahren als Marcus Traub hat seinen Standort am Oberen Tor direkt an der Ecke Ludwigstraße und
Wärschtlamo aktiv. Für seinen Beruf ist Karolinenstraße. Der gebürtige Hofer ist seit 16 Jahren Wärschtlamo und engagiert
er doppelt qualifiziert, da er zuvor so- sich außerdem als einer der Volksfestwirte und als Fahrer für die Hofer Filmtage. Das
wohl im Einzelhandel als auch in der Bild zeigt ihn mit Jutta Strunz, einer seiner Stammkundinnen.
Gastronomie gearbeitet hat. Nach sei-
ner Schulzeit in der Angerschule, der Christian-Wolfrum-Schu- verbunden mit Regen. Da sei es dann auch schon mal nicht zu
le und der Wirtschaftsschule lernte er Einzelhandelskaufmann vermeiden, dass man vor der Zeit abbreche.
im damaligen Hofer Sportgeschäft „Saale-Sport“ des einstigen Allerdings sei es wichtig, seinen Posten so selten wie möglich und
Hofer Fußball-Stars Tommy Bruchner. Als die Bundeswehr rief, wirklich nur im Notfall zu verlassen. Marcus Traub hat feste Stand-
verpflichtete sich Marcus Traub gleich für acht Jahre und nutzte zeiten und veröffentlicht sie auch auf seiner Homepage www.
die Zeit, sein Abitur nachzuholen. Er stand im Rang eines Ober- wärschtverrickt.de.„Die Kunden gewöhnen sich daran und neh-
feldwebels, als seine Einheit in der Wendezeit aufgelöst wurde. men es übel, wenn man blau macht“, weiß er. Die meisten seiner
Danach folgten wechselnde Tätigkeiten in einer Heizungsbaufir- Stammkunden kennt er namentlich und begrüßt sie mit Vorna-
ma, als Betreiber der Ausflugsgaststätte Waldfrieden und in der men. Dieser direkte Kontakt funktioniert auch in der Corona-Zeit
Versicherungsbranche. Seit 22. November 2004 ist Marcus Traub mit Maske im Freien – allerdings hätten die Corona-Beschränkun-
ein Hofer Wärschtlamo. „In meiner Anfangszeit waren wir noch zu gen ihm dennoch das Geschäft ganz schön verhagelt: „In der Zeit
elft“, erinnert er sich. Die derzeitige Anzahl eines runden halben des ersten Lockdowns war es fast ständig wie am Heiligabend
Dutzends sei jedoch perfekt. Außerdem habe er mit seinem heu- nach 17 Uhr“, erinnert er sich. Auch aktuell fehle ihm ein wichtiges
tigen Standort die ideale Schnittstelle zweier großer Hofer Lauf- Standbein, nämlich Buchungen bei Messen und anderen großen
wege gefunden. Veranstaltungen. Da sei die Nachfrage nach Hofer Wärschtla oft
Interessanterweise ist für einen Hofer Wärschtlamo die Lage allein gigantisch: „Einmal habe ich in Leipzig an einem Tag über 1.500
jedoch nicht alles, sondern es zählt der wirklich exakte Standort. Paar unter die Leute gebracht mich dabei so eingespannt gefühlt
„Anfangs stand ich noch direkt unter dem Vordach des Beklei- wie Charlie Chaplin in seinem Film Moderne Zeiten“, scherzt er.
dungshauses Finck“, erzählt Marcus Traub. „Aber da war ich in Für körperliche Einsätze solcher Art ist Marcus Traub bestens ge-
einer Art totem Winkel.“ Erst seit er die paar Meter vom Finck weg rüstet, denn sein großes Hobby ist seit jeher der Sport. In jungen
in Richtung Oberes Tor gewandert sei, laufe es so richtig gut. Jahren betrieb er Modernen Fünfkampf, später nahm er an ins-
Natürlich ist Marcus Traub an diesem Ort der Witterung voll aus- gesamt neun Berlin-Marathons teil. Bis heute läuft er regelmä-
gesetzt – nur ein Sonnenschirm schützt ihn und seine Ausrüstung. ßig. Seine Kondition hilft ihm nicht nur im Job, sondern auch in
„Da ist jetzt im Winter Thermo-Unterwäsche und entsprechend Sondersituationen. Ein Wärschtlamo-Anekdote von Marcus Traub
warme Kleidung ganz besonders wichtig“, stellt er fest. Allerdings geht genau in diese Richtung: „Aus dem Finck flüchtete vor Jah-
härte man bei Wind und Wetter im Freien im Lauf der Jahre nicht ren mal ein Ladendieb“, erzählt er. Der Verkäufer sei nicht gut zu
ab, sondern werde eher kälteempfindlicher. Hilfreich sei es da vor Fuß gewesen, also nahm Marcus Traub die Verfolgung auf und
allem, möglichst ständig in Bewegung zu bleiben. Freilich sinke entriss dem Dieb die Beute. Lachend berichtet er: „Der Kerl war
die Kundenfrequenz, je schlechter das Wetter sei. Und folglich zwar nur halb so alt wie ich – aber ich war doppelt so schnell.“
auch die Aktivität. Besonders schlimm sei es bei starkem Wind Manfred Köhler
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